Der Jugendschutz beim Online-Verkauf von Alkohol und Tabak in der Schweiz steht vor neuen Herausforderungen. Denn mit der zunehmenden Verbreitung von Online-Shops und Lieferdiensten wird es immer wichtiger, effektivere Methoden zur Alterskontrolle, mit denen der Zugang Minderjähriger zu diesen Produkten verhindert werden kann, zu implementieren.
Aktuelle Situation und Herausforderungen
In der Schweiz regeln verschiedene kantonale und nationale Gesetze den Alkoholbereich. Dabei gibt es klare Vorschriften zum Gesundheits- und Jugendschutz. So ist der Verkauf von Alkohol an Jugendliche unter 16 Jahren (für Bier und Wein) bzw. 18 Jahren (für Spirituosen) verboten. Tabakprodukte dürfen generell nicht an Minderjährige unter 18 Jahren verkauft werden. Im stationären Handel sind diese Regelungen relativ einfach durch Ausweiskontrollen umzusetzen.
Beim Online-Handel jedoch sehen sich die Verkäufer Herausforderungen gegenüger, denen weniger einfach begegnet werden kann. Denn die bis anhin geläufigen Methoden zur Online-Altersverifikation weisen erhebliche Schwächen auf. Viele Online-Shops fragen lediglich das Alter ab, ohne es tatsächlich zu verifizieren. Der Bundesrat hat denn auch 2023 in einer Stellungnahme festgehalten, dass eine reine Selbstdeklaration des Alters aus Jugendschutzsicht ungenügend sei. Viele Anbieter verlangen nicht einmal eine Alterseingabe beim Kauf von Alkoholika oder Tabak. Sie verweisen oftmals nur auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen oder stellen fest, dass man sich an die gesetzlichen Vorgaben halte, indem Pakete entsprechend gekennzeichnet und Zusteller verpflichtet seien, das Alter des Empfängers der Ware zu überprüfen und falls nötig Tabak und Alkohol aus der Bestellung zu entfernen. Es ist offensichtlich, dass in der Praxis solche Weisungen an die Lieferdienste versagen.
Fehleranfällig und nicht fälschungssicher
Aber selbst andere gängige Methoden können sehr einfach umgangen werden oder sind betrugsanfällig. So birgt etwa das Hochladen von Ausweisdokumenten erhebliche Datenschutzrisiken. Ausserdem ist diese Vorgehensweise für Konsumentinnen und Konsumenten äusserst benutzerunfreundlich und für Online-Händler zeitaufwendig und fehleranfällig (Stichwort Medienbrüche). Auch die Angabe bestimmter Daten aus der maschinenlesbaren Zone (MRZ) eines Ausweisdokuments ist fehleranfällig. Diese Daten sind nur dann zuverlässig, wenn sie durch einen digitalen Prozess – Scannen des Ausweises in eine digitale Identitätslösung oder Auslesen des Codes etwa per NFC (Near Field Communication) direkt aus dem Chip ins System – übertragen werden. Wenn der Online-Händler lediglich verlangt, dass gewisse Daten der Identitätskarte oder des Passes von Hand ins System übertragen werden müssen, ist dies zwar besser als keine Abfrage. Aber eine solche MRZ-Verifikation durch den Benutzer selbst ist betrugsanfällig, können MRZ-Daten doch ganz leicht mit online verfügbaren Generatoren hergestellt werden.
Mangelhafter Jugendschutz
Es wundert deshalb nicht, dass Minderjährige mit wenigen Klicks zu ihrem Rausch kommen. Das zeigt ein im Jahr 2022 im Auftrag des Blauen Kreuzes durchgeführter, gross angelegter Test, bei dem sich Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren im Internet problemlos mit Alkohol eindecken konnten. Über 80 Prozent der 149 Bestellungen wurden ausgeliefert – und das fast ausnahmslos persönlich an die Minderjährigen selbst.
Aber selbst zwei Jahre nach dem Test haben die meisten Händler noch keine effektive Altersverifikation implementiert. Es gibt zwar auch E-Shops, die den Jugendschutz ernster nehmen: Bei Digitec Galaxus nämlich betrug die Versuchsfehlerquote 0 Prozent. Hier müssen registrierte Kunden für den Erwerb von altersbeschränkten Produkten einmalig gewisse (MRZ-)Daten von ihren Ausweisen angeben.
Aber wie erwähnt ist die Methode nicht fälschungssicher. Ausserdem funktioniert bei Digitec Galaxus diese Kontrolle nur mit Schweizer Dokumenten. Andere Ausweise müssen vom Kundendienst nach wie vor händisch überprüft werden, was zu Verzögerungen führt. Immerhin will das Unternehmen aufgrund der Massnahme keine vermehrten Bestell-abbrüche festgestellt haben.
Mögliche Lösungsansätze
Um eine effektive und datenschutzfreundliche Alterskontrolle im Online-Handel zu gewährleisten, werden verschiedene Ansätze diskutiert. Es gäbe da beispielsweise die SwissID. Diesen Identitätsnachweis nutzt allerdings nur ein Bruchteil der Schweizer Bevölkerung. Zukünftig wird es zwar eine nationale E-ID geben. Aber auch bei diesem Identitätsnachweis wird es lange dauern, bis ein massgeblicher Anteil der Bevölkerung damit online einkaufen geht, ganz abgesehen davon, dass die E-ID dafür auch bei einem massgebenden Teil der Online-Händler implementiert sein müsste.
Aber es gäbe bereits heute einfache Lösungen der Online-Identitäts- und Altersprüfung (siehe Kasten oben). Solche leicht zu implementierenden Services sollten vor allem für Benutzende möglichst einfach bedienbar sein. Nicht zu vergessen, dass solche Altersverifikationen auch für Online-Anbieter von Games, Glücksspielen oder Erwachseneninhalten nützlich wären, um die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten.
Autor: Elmar Reif