Die Schweiz steuert einen erstaunlichen Promille-Anteil zur Schifffahrt auf den Weltmeeren bei Im Normalfall heissen sie „Weggis", „Flüelen" oder -- nach einem Bergrücken - auch „Pfannenstiel". Im Land von Rösti, Ricola und Käsefondue fahren Schiffe auf dem Vierwaldstätter-, dem Genfer oder Zürichsee. Andere schafften es hingegen schon früh bis nach New York. So, wie die 1153 Tonnen schwere „William Tell", ein 53 Meter langer Klipper, 1850 von der Werft Westervelt & Mackey gebaut, und für „Coleman`s California Line" nach San Francisco unterwegs. Auf Antrag ihres Kapitäns James Funck wurde sie zielgenau auf den Namen des Schweizer Nationalhelden getauft. Andere wie die „Arosa" oder die „Gotthard" folgten. Das Alpenland verfügt über keinen eigenen Zugang zu den Weltmeeren. Aber Tatendrang, die Auswandererwelle im 19. Jahrhundert und eine ordentliche Portion Geschäftssinn liessen die Eidgenossen nicht mit solchen Handicaps hadern. Reedereien wie die „Oceana Shipping" im ganz und gar nicht küstennahen Chur, die San Bernardino Schifffahrtsgesellschaft oder eine Enzian Ship Management AG unterhalten heute eine ansehnliche Hochseeflotte. Keine „Gebirgsmarine", sondern eine kleine Armada von 38 Schweizer Schiffen steuert auf internationalen Schifffahrtsrouten um die Welt. ...schliesslich stammen auch namhafte Meeresforscher und Weltumsegler aus dem Alpenland. Tiefsee-Pionier Jacques Piccard, der 1960 im Marianengraben in einem Bathyskaphen den Tauchrekord von 10.916 Metern aufstellte, Vater von Ballon-Weltumsegler Bertrand, ankerte mit seinem Mini-U-Boot „Forel" bis zuletzt vor dem 8000-Seelen-Städtchen Lutry am Genfer See. „Irgendetwas", sagt Walter Zürcher (55), der selbst zwei Jahre lang als Schiffsoffizier auf den Weltmeeren Dienst tat, „muss die Eidgenossen wohl in die weite Welt und aufs offene Meer getrieben haben". Es gibt sogar eine eigene „Küstenfunkstelle", die - 1922 als Radiostation von Marconi gegründet - seit 2009 von der Schweizer Swisscom in Zusammenarbeit mit Kiel Radio und weiteren Partnern in einem weltweiten Netzwerk betrieben wird.
(Walter Zürcher, „Schweizer Reeder in aller Welt", Bremen 2010, ISBN 978-3-89757-443-4 und Süddeutsche Zeitung, Klaus C. Koch, 12.November 2012)