Rob Smith, der neue Vorstandschef der Kion-Gruppe (Linde, Still, Baoli, Dematic u.a.), war prominenter Ehrengast beim Intralogistik-Testcamp zum «International Forklift of the Year Award» (Ifoy) 2022. Wir sprachen mit ihm über das «Imoco»-Projekt, das Kion-Engagement in China und die Ukraine.
Herr Smith, vielen Dank, dass Sie – unter anderem nach einer Fahrt auf dem Ifoy-nominierten neuen DSR-Schlepper von Still – die Zeit für ein Gespräch mit uns haben. Kion baut die Produktionskapazitäten im chinesischen Jinan aus und hat dort kürzlich auch ein neues Werk für Gegengewichtsstapler eingeweiht. In welchem Ausmass setzen Sie künftig auf chinesische Fertigungslinien – und in welchem Umfang kommen Komponenten von dort auch bei den europäischen Premium-Marken zum Einsatz?
Rob Smith: China ist für uns ein sehr wichtiger Markt. Wir arbeiten auch dort nach dem Prinzip, dass wir dort, wo wir verkaufen, auch die Fahrzeuge entwickeln und fertigen. Wir haben sozusagen überall auf der Welt ein «Heimspiel». In Jinan haben wir im Dezember 2021 die Produktion aufgenommen und wollen dort noch in diesem Jahr bis zu 5000 Fahrzeuge bauen.
Ab 2023 sollen, wie bereits bekannt, in Jinan auch Systeme für unsere Konzerntochter Dematic, Komponenten für Fahrerlose Transportsysteme und Fördertechnik hergestellt werden. Die Automatisierung schreitet in China schnell voran. Dort sind wir bereits der grösste unter den nicht-chinesischen Anbietern. Im Premium-Segment sind wir in China sehr gut positioniert. Nun wollen wir auch im «Value»-Segment weitere Marktanteile gewinnen.
Sie werden aber nicht jedes Mal das Rad von Neuem erfinden und können durchaus von bereits vorhandenen Patenten und Innovationen profitieren.
Rob Smith: Natürlich gibt es konzernintern einen Know-how-Austausch, von dem wir länderübergreifend profitieren. Mit den USA handhaben wir das genauso. Wir sind auch dort – zum Beispiel mit Dematic – schon lange zu Hause.
Ganz im Sinne der kürzlich gegründeten «Open Logistics Foundation» und der damit verbundenen «Open Source»-Politik, die grundlegende Innovationen einer breiten Anwendung durch die gesamte Branche zugänglich machen möchte, haben Sie mit Ihrer Marke Still die Führung beim «Imoco»-Projekt übernommen, das sich mit «Intelligent Motion Control» befasst.
Rob Smith: Wir wollen sehen, was bei selbststeuernden Systemen – wie bei Still zum Beispiel mit unserem «iGo Neo» – auf der nächsten Stufe möglich ist. Durch den Status als europäisches Forschungsprojekt werden letztlich alle davon profitieren.
Wahrscheinlich wird aber auch hier die «Freizügigkeit» ihre Grenzen haben. In welchem Umfang wird es anderen Herstellern als denjenigen unter dem Dach der Kion Group möglich sein, an den Arbeiten im Rahmen des «Innovations-Inkubators» teilzunehmen und von den Ergebnissen zu profitieren?
Rob Smith: Der Demonstrator wird bei Still in Hamburg stehen. Natürlich können und werden auch wir nicht alles offenlegen – etwa was das «Innere» des «iGo Neo» betrifft. Es bedarf also einer gewissen Balance – das ist richtig. Wir werden aber bezüglich Künstlicher Intelligenz und neuer Hi-Tech-Erkenntnisse alles so weit wie möglich öffnen.
(Anm. d. Red.: Die deutschen Partner sind das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, Hahn Schickard, die IMST GmbH, Nuromedia und DigitalTwin Technology. Unterstützt wird «Imoco» sowohl vom deutschen Forschungsministerium wie auch von der Europäischen Union durch einen sogenannten «Forschungs-Inkubator KDT JU» («Key Digital Technologies Joint Undertaking»), der die Kooperation von öffentlicher Hand und privaten Unternehmen fördert).
Andere Flurförder-Hersteller waren bislang mit bis zu fünf Prozent in Russland engagiert, haben jetzt aber angekündigt, im Einklang der wegen des Angriffs auf die Ukraine verhängten Sanktionen auf die Bremse zu treten. Wie stark wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf die Aktivitäten der Kion-Gruppe aus?
Rob Smith: Wir beobachten die dortige Entwicklung mit grosser Sorge und hoffen, dass bald Frieden herrscht. Wir sind unsererseits nur mit etwa einem Prozent unseres Konzern-Umsatzes betroffen und halten uns selbstverständlich an sämtliche Entscheidungen innerhalb der EU und seitens der internationalen Gemeinschaft.