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Logistik

Kraftanzug statt «Terminator»

«Das Exo-Skelett», sagt Marco Hubeli, Geschäftsführer des Lagertechnik-Anbieters Mapo, «unterstützt immer nur eine bestimmte Körperfunktion.» Wunderdinge wie Fliegen à la Batman sind also schon mal ausgeschlossen. Trotzdem können die Stützkonstruktionen wertvolle Hilfe leisten.

Anlässlich eines Events bei den ­Lagerhäusern Aarau, organisiert vom Schweizerischen Verband für Temperaturgeführte Logistik, der in jüngerer Zeit mit interessanten technischen Demonstrationen in Erscheinung tritt, ist Mapo-Chef Marco Hubeli gleich mit zwei Mitarbeitenden zur Stelle. Die Teilnehmer in Schafisheim haben Gelegenheit, die «Kraftanzüge» und ihre Möglichkeiten anhand bereitstehender Packstücke gleich vor Ort auszuprobieren.

Der Lagertechnik-Anbieter Mapo hält mittlerweile eine ganze Palette verschiedener Versionen unterschiedlicher Hersteller parat, bei denen vor allem eines klar ist: Ohne sorgfältige Einführung der künftig damit wohl hantierenden Logistik-Beschäftigten könnte die Handhabung eines Exo-Skeletts zum Scheitern verurteilt sein.

Andererseits haben Skeptiker, die ob der zunächst gewöhnungsbedürftigen «Stellage» erst einmal Vorbehalte gegen das beim ersten Mal ein paar Minuten in Anspruch nehmende Anlegen und Anpassen hegen, durchaus Chancen, sich zu korrigieren: Mit ein wenig Übung reduziert sich die dafür benötigte Zeit schnell auf unter eine Minute.

Intensiv-«Happening»

Tatsächlich funktionieren die Varianten mittlerweile einiger Hersteller ganz verschieden. Die einen stützen mit Gasdruck oder über vorgespannte Federn das Heben von Kisten, Kästen oder vorgepackten Materialien. Andere arbeiten mit Elektro-Motoren, die mit dem aus Kinofilmen bekannten Sirren von «Servos» angesteuert werden.

«Die sind aber bislang noch eher selten», führt Hubeli vor rund 20 Zuhörenden bei diesem Intensiv-«Happening» aus. Die aktiven Geräte sind bislang vor allem beim Militär, also in der Rüstungsindustrie und bei den Herstellern von Kampfanzügen gefragt.

Kraft-Unterstützer

Aber auch die Autoindustrie verwendet dem Vernehmen nach bei wiederkehrenden Bewegungsabläufen und Kommissionierungsvorgängen mittlerweile einige der Kraft-Unterstützer – zum Beispiel, wenn Hebevorgänge «über Kopf» zu erledigen sind, die das menschliche Rückgrat empfindlich belasten oder im Laufe der Zeit gar massiv schädigen können.

Dem eher passiven Segment sind elastische Varianten zuzuordnen, die nichtsdestoweniger die Bandscheiben in ordentlichem Ausmass entlasten können. Geradezu verblüffend ist ein Leichtgewicht unter den Neu-Entwicklungen, die Hubeli bei den Lagerhäusern Aarau im Gepäck hatte, das die sitzende Haltung von Mitarbeitenden erleichtert, indem es Stühle ersetzt, die sonst meist nur im Weg sind.

Auf Knopfdruck arretiert der «Chairless Chair» – selbst nur zwei Kilogramm «schwer» – an Arbeitplätzen, zwischen denen der Anwender des Öfteren wechseln muss, in «hockender», aber schnell zu verändernder Position. Eine Fersenstütze sorgt für überraschende Stabilität. «Damit abends die Arbeit geschafft ist – und nicht Sie», heisst es in einem Slogan.

Ein Muskelgerät namens «Mate-XT»  fällt durch seine «Arm»-Konstruktion auf, die beinahe an die Flügel eines Vogels erinnert. Ohne «Flügelschlagen», mit dem wir beim Anlegen des Anzugs fast schon unwillkürlich gerechnet hätten, lässt sich das Kunstskelett mit ein wenig Übung innerhalb einer Minute anlegen, in acht verschiedenen Stärkestufen einstellen und mit bis zu 50 Kilogramm belasten. Ein anderer Typ eines weiteren Herstellers leistet am Oberkörper per Gasdruckfeder (140 bar) wertvolle Unterstrützung.

Eine schon fast unauffällige Hebehilfe namens «Bionic Back», die nur 1,3 Kilogramm Eigengewicht hat, stützt bei häufigem Bücken und Heben das Rückgrat und verfügt sogar noch über einen «Booster».

Zwar sind sämtliche Stützstrukturen in der Tat gewöhnungsbedürftig und sollten immer von einem Fachkundigen passend eingestellt werden. Ein Aha-Erlebnis stellt sich allerdings auch schon bei nur kurzzeitigem Probetragen relativ schnell ein: Die Chance, sich durch Fehleinstellung oder bei bereits vorhandener Bandscheibenempfindlichkeit weitere Schäden einzufangen, scheint gering.

Mapo-Geschäftsführer Marco ­Hubeli hätte nichts gegen einen «Hype» oder Ansturm auf die Kraft-Konstruktionen. Monoton wiederkehrende Bewegungen in fest definierten Abläufen seien mitunter aber auch besser von Robot-Armen zu erledigen, etwa von einem automatisierten Vakuum-Heber, als von wertvoller menschlicher Arbeitskraft. In einer Diskussionsrunde hatten die Besucher des Events Gelegenheit, das Gesehene und eigenhändig Ausprobierte zu debattieren. Über Kinderkrankheiten seien die Hebehilfen mittlerweile wohl hinaus, meint auch Organisator und SVTL-Geschäftsführer Georg Burkhardt.

Lagerhäuser Aarau AG

In den Lagerhäusern Aarau, sagt der Gastgeber, CCO Eloy van der Sman, sind ­solche Exo-Skelette noch nicht serienmäs­sig im Einsatz, sondern – beispielsweise im Co-Packaging – noch in der Erprobung. Ein Rundgang durch die Lagerhäuser des Familienunternehmens, das 1873 gegründet wurde und heute an vier Standorten (Schafisheim, Hunzenschwil, Spreitenbach und Buchs) präsent ist, schloss sich an.

Die Lagerhäuser Aarau, versiert in Logistik, Transport, Co-Packing, Zoll und Internationaler Spedition, sind mit 120 000 Palettenplätzen, 71 Lkw und 340 Mitarbeitenden im Food- und Non-Food-Bereich tätig. Von hier aus werden mit 340 Mitarbeitenden und 60 Fahrzeugen 2,45 Millionen «Liefer-Kilometer» pro Jahr, 170'000 Sendungen und 160'000 Verzollungen abgewickelt. Als potenzieller Partner bieten sich die Lagerhäuser Aarau am strategisch günstig an der Autobahn gelegenen Verkehrsknotenpunkt auch zur Zusammenarbeit mit «Cargo sous ­Terrain» (CST) an, führt Eloy van der Sman aus.

www.svtl.ch
www.la-aarau.ch
www.mapo.ch