Immer wieder werden wir gefragt, wie lange und wie stark der Online-Handel noch wachsen kann und ob nun mit einem Online-Anteil von fast 20 Prozent im Bereich Non-Food nicht eine Grenze erreicht ist. Konkret: «Kann der Online-Handel noch lange mit acht bis zehn Prozent weiterwachsen?» Natürlich kennen wir die Zukunft nicht im Detail, aber wir versteigen uns jeweils zur Behauptung: «In den nächsten fünf bis zehn Jahren muss oder soll der Online-Handel mit Wachstumsquoten von acht bis zehn Prozent rechnen».
Wohin führt ein solches Wachstum?
Ein jährliches Wachstum von zehn Prozent über zehn Jahre würde zu einem Zuwachs des Online-Handels von rund 160 Prozent beziehungsweise Faktor 2,6 im Vergleich zum heutigen Volumen führen. Bei einer Basis 2021 von zwölf Milliarden Franken Umsatzvolumen (in der Schweiz eingekauft) führt dies zu einem Jahresumsatz von etwas mehr als 30 Milliarden Franken Online-Umsatz. Der gesamte Handel realisiert heute 100 Milliarden Franken – wir kämen also auf einen Online-Umsatz-Anteil von rund 30 Prozent.
Wenn wir Entwicklung der letzten sechs Jahre als Basis heranziehen, dann können wir in fast allen Sortimenten eine Verdoppelung der Online-Umsätze feststellen. Die Umsätze sind dabei jedes Jahr auf der jeweils neuen Basis um acht bis zehn Prozent gewachsen – die absoluten Wachstumswerte haben sich dabei jedes Jahr erhöht, was zu einem exponentiellen Kurvenbild führt. Gleichzeitig haben die Sortimente Medien/Bücher und Heimelektronik/Hausgeräte die 50-Prozent-Online-Umsatz-Schwelle geknackt.
Auch bei den Sortimenten Textilien/Schuhe, Sportausrüstung und Spielwaren dürfte diese Schwelle vor Ablauf der nächsten zehn Jahre erreicht werden. Entscheidend wird aber über kurz oder lang die Entwicklung der Online-Verkäufe von Nahrungsmitteln sein: Mit 3,8 Prozent Gesamtmarktanteil fristet dieser noch immer das Dasein des ungeliebten oder unmöglichen Online-Sortiment. Ein Blick in die Statistik zeigt aber, dass auch der Verkauf von Textilien vor noch nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2008, erst rund fünf Prozent des gesamten textilen Handelsvolumens ausgemacht hat.
Übergangsjahr 2022 – bereit für nächsten Schub
Es kann auf einmal schnell gehen, wobei wir für 2022 eine Seitwärtsbewegung mit tiefen einstelligen Wachstumsquoten erwarten; sozusagen eine kleine Verschnaufpause in der Strukturveränderung: Händler und Logistiker sollten sich in dieser Phase sammeln, optimieren und für den nächsten Schub bereit machen.
Der Autor // Handelsverband.swiss
Patrick Kessler ist Geschäftsführer von Handelsverband.swiss. Der Verband entstand 2020 aus der Fusion von VSV (Versandhandel) und VSF (Filialunternehmen) und vereint über 396 Händler aus B2C und B2B. Die Mitglieder haben 2021 rund 21 Milliarden Franken Umsatz realisiert, davon rund 50 Prozent online und 50 Prozent stationär. Die Handelsverband.swiss-Mitglieder haben im vergangenen Jahr rund 80 Millionen Pakete in der Schweiz verschickt.