chevron_left
chevron_right
Logistik

Weihnachten 2020: Logistische Gratwanderung

Eine logistische Gratwanderung
Im Schweizer Online-Handel fand in diesem Jahr Weihnachten schon an Ostern statt.
Bild: iStock/svetikd

Die heisseste Phase im Jahr für den Non-Food-Handel läuft. Der Online-Handel explodiert förmlich. Die Schweizerische Post stösst an ihre Grenzen, aber auch die Online-Händler sind aufs Äusserste gefordert. Ein System befindet sich auf einer Gratwanderung. Der Gipfel ist nah, alle Kräfte werden gebündelt und nochmals mehr Schutzmassnahmen ergriffen, damit die Seilschaft nicht doch noch abstürzt.

Online-Handel fordert analoge Exzellenz – ich weiss, eine widersprüchliche Headline. Wenn wir aber das Innerste des Online-Handels nach aussen kehren, dann sind da Waren, Pakete, Maschinen und Menschen. Das einzig «einfach» Skalierbare ist die digitale Kommunikation beziehungsweise der Angebots- und Bestellprozess.

Flaschenhals-Management

Sobald es in die Exekution geht, sehen wir uns mit den Herausforderungen analoger Logistik-Prozesse (mit digitaler Unterstützung und Planung) konfrontiert. Die klassischen Flaschenhälse drohen: Ware, Fläche, Personal, Dienstleister. Covid-19 war und ist ein einziges Flaschenhals-Management von Händlern in Zusammenarbeit mit den Zustellern.

Eindrückliche Zahlen

Im April 2020 ist der Online-Handel bei geschlossenem stationären Non-Food-Handel um 80 Prozent gegenüber Vorjahr angestiegen. Noch viel eindrücklicher sind die absoluten Einheiten: Im April wurden pro Tag rund 850 000 Pakete ausgestossen, eine Erhöhung von rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Im Online-Handel fand Weihnachten schon an Ostern statt. Die Schweizerische Post hat geächzt – aber nach einer zweiwöchigen Flaschenhals-Phase waren die Mengen unter Kontrolle. Es hätte aber wenig gebraucht, und die Seilschaft Online-Handel-Zustelldienstleister wäre gemeinsam abgestürzt.

Was passiert an Weihnachten?

Was uns nun seit Mitte Jahr umtreibt: Schaffen wir «Black Friday», «Cyber Monday» und Weihnachten ohne Kollaps? Was passiert, wenn auf Basis der Vorjahreszahlen rund um Weihnachten die Online-Handels-Mengen nochmals um 80 Prozent steigen würden und sich ein April-Szenario wiederholt? Dabei gingen wir von einer planbaren «erhöhten Leistungsfähigkeit» von bis zu 1,2 Millionen Paketen der Schweizer Zustellanbieter aus. Alles über dieser Menge hätte mutmasslich das Gesamtsystem überstrapaziert.

Aufgrund dieser Erkenntnisse haben wir in vielen Gesprächen mit der Schweizerischen Post, Online-Händlern, aber auch mit der Politik konstant darauf aufmerksam gemacht, dass ein Lockdown des stationären Non-Food-Handels im November/Dezember 2020 dramatische Konsequenzen hätte. Unsere Alarmglocken haben im Oktober geschrillt, als der Kanton Genf genau dieses Szenario umgesetzt hat und wir befürchten mussten, dass andere Kantone nachziehen und der Zustellmarkt in den roten Bereich getrieben wird.

Optimismus vor dem Endspurt

Kurz vor dem Endspurt sind wir sicher, dass Weihnachten dieses Jahr mit Geschenken stattfinden kann – dank stationärem Handel und dem Aufgebot aller logistischen Kräfte seitens Online-Handel und Zustellern. Ein grosses Dankeschön an all die Personen, die das in einer schwierigen Situation möglich machen.