«Mehrwert durch Logistik»: Das zeigte sich am 40. Zürcher Logistik-Kolloquium der Dr. Acél & Partner AG in Zusammenarbeit mit dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigung (IWF) der ETH Zürich mit seinen Leuchtturmprojekten.
Das Zürcher Logistik-Kolloquium feierte dieses Jahr seine 40. Jubiläums-Veranstaltung Vor 45 Jahren wurde der Anlass von Peter Rupper ins Leben gerufen, der als Ehrengast im Dozentenfoyer der ETH mit dabei war. Drei Praxis-Referate durften 71 Gäste aus Industrie und Handel gespannt mitverfolgen.
Werkzeugmaschinen-Zuliefererindustrie
Nach der Begrüssung zur Jubiläumsausgabe des Events durch Dr. Peter Acél und Prof. Dr. Konrad Wegener startete Dr. Fabian Stoop, technischer Leiter bei der Lestoprex AG, mit seiner Präsentation «Hochkomplex, teuer, unverzichtbar» in die Vortragsreihe. Bei ihm ging es um smarte Logistik in der Werkzeugmaschinen-Zuliefererindustrie. Die Werkzeugmaschine (WZM) ist eine Schlüsseltechnologie. Unter weltweit hunderten von Herstellern spielt die Schweiz dabei eine führende Rolle: Durch Präzision, Innovation und Zuverlässigkeit konnte sie sich als Nischenmarktführerin mit einer Exportquote von mehr als 80 Prozent durchsetzen.
WZM sind langfristige Investitionsgüter mit Lebenszyklen von bis zu 30 Jahren und mehr. Dr. Stoop betonte die Bedeutung effizienter Logistikleistungen über den gesamten Lebenszyklus der Maschinen, von der Herstellung über die Ersatzteillogistik bis hin zum Recycling.
Der Konkurrenzdruck fordert von Zulieferern stets Innovation bei gleichzeitig kleinen Losgrössen und strengen regulatorischen Anforderungen (zum Beispiel ESG). Stoop veranschaulichte dies mit zwei Fallbeispielen: Klemmsysteme, sicherheitsrelevante, hochpräzise Bauteile, und modulare Kühlmittelschläuche, sogenannte C-Teile mit hoher Kombinationsvielfalt; Standardisierung ist hier der Schlüssel.
Elektroschrott
Pasqual Zopp, Geschäftsführer der Stiftung «Sens eRecycling», referierte unter dem Titel «Kreislaufwirtschaft in Aktion“ über die Wichtigkeit effizienter Rücknahme und Wiederverwertung von Elektrogeräten. Er zeigte, wie eine freiwillige, wirkungsvolle Kreislaufwirtschaft erfolgreich funktioniert. Dabei erwähnte er auch ein gemeinsam mit der Dr. Acél & Partner AG erarbeitetes neuartiges Einsammel- und Preisbildungskonzept.
In Europa besitzt ein Haushalt im Schnitt 74 elektr(on)ische Geräte, wovon ca. elf kaputt oder ungenutzt sind. Elektroschrott ist eine komplexe Abfallart. Weltweit werden nur 23 Prozent fachgerecht recycelt. Dank «Sens eRecycling» und Swico ist die Schweiz Vorreiterin in der Rückführung von Wertstoffen in den Kreislauf. Hier liegt die Quote bei 95 Prozent. Finanziert wird das System über den vorgezogenen Recyclingbeitrag, der sämtliche Kosten für Sammlung, Logistik, Recycling und Verwaltung deckt.
Handlungsbedarf besteht bei der Aufklärung der Bevölkerung. Viele Konsument:innen wissen nicht, was als Elektrogerät zählt – eine Frage, die auch in der anschliessenden Diskussion besprochen wurde. So etwa ist nicht klar, ob ein blinkender Turnschuh nun ein Kleider-Gadget oder eine Elektroteil ist. Zudem fehlt es an bequemen Rückgabemöglichkeiten. Als Lösung stellte Zopp den «Electro Recycling Bag» vor. Inspiriert vom Rückgabekonzept gebrauchter Nespresso-Kapseln wurde der Bag in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post realisiert.
Recycling beginnt an der Quelle
Nicolai Solenthaler, COO der Sorec AG, schloss die Vortragsreihe mit seinem Referat «Recycling beginnt an der Quelle» über die Schlüsselfunktionen von Information und Logistik.
Die soRec ist auf die physische Rückgewinnung von Wertstoffen aus Elektronikschrott, industriellen Metallabfällen sowie kommunalen Materialien (beispielsweise Glas oder Alu) spezialisiert. Sie sieht Recycling als industriellen Prozess, der bei der Quelle, also der Entfallstelle, bereits beginnen sollte.
Nur wenn Materialien dort sauber erfasst, sortiert und mit den richtigen Informationen weitergegeben werden, ist ein hochwertiges Recycling möglich. Der Leitspruch «Leading in Closing Circles» bringt diese Philosophie auf den Punkt. Durch präzise Informationen über Materialzusammensetzung, Herkunft und Form entlang der gesamten Produktionskette kann direkt entschieden werden, ob ein Material geschreddert, geschert oder direkt als Spezialstahl geliefert werden kann. Fehlen Informationen oder liegt kein verlässlicher Informationsfluss vor, ist eine aufwändige Sortierung nötig.
Solenthaler zeigte auf, dass der Erfolg einer hochwertigen Kreislaufwirtschaft massgeblich davon abhängt, dass bei der Produktentstehung sinnvolle Sammelkonzepte, Informationssysteme und logistische Lösungen installiert werden. Hochwertiges Recycling beginnt nicht am Ende, sondern am Anfang der Kette.
In der anschliessenden Diskussion wurde unter anderem von einem Teilnehmer bemängelt, dass die intelligenten Recyclingstrategien lediglich Symptome des wahren Übels der Wegwerfgesellschaft bekämpften: nicht austauschbare oder trennbare Bestandteile und fehlende Reparaturmöglichkeiten.
Weiter wurde auch die Lage der Industrie aufgrund der Entwicklungen in den USA angesprochen. Unsicherheiten erschweren die Planung und China wird für uns zunehmend bedeutender.
Nach einem kurzen Rückblick und dem Schlusswort von Prof. Dr. Konrad Wegener setzten die Gäste die Gespräche mit Referenten und Veranstaltenden beim Apéro riche und mit herrlicher Aussicht auf den See und das Lichtermeer der Stadt fort.