27. Nov. 2025

Autonome Lkw, KI und die Rolle des Menschen

Die Logistik- und Transport-Branche steht am Wendepunkt. Autonome Lkw, künstliche Intelligenz und digitale Plattformen verändern die Logistik in einer Geschwindigkeit, die vor wenigen Jahren noch undenkbar war.

Baldus Transport_Lkw
Bild: Baldus Transport

Fahrzeuge, die sich selbst lenken, Systeme, die Touren in Echtzeit planen, und Algorithmen, die den gesamten Transportfluss koordinieren – all das ist keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität in Pilotprojekten. Die Effizienzgewinne sind beeindruckend. Doch sie werfen eine entscheidende Frage auf: Wird der Mensch zum Randphänomen einer vollautomatisierten Welt – oder bleibt er das Herzstück einer Branche, die auf Verantwortung, Erfahrung und Vertrauen basiert?

Die Befürworter der Automatisierung sind überzeugt: KI-Systeme werden die Logistik sicherer, schneller und planbarer machen. Fahrer-Engpässe könnten sich auflösen, Stillstände minimieren und Kosten reduzieren. In Zeiten globaler Lieferketten-Krisen klingt das wie die perfekte Lösung. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Jede neue Technologie schafft nicht nur Entlastung, sondern auch Abhängigkeit.

Was passiert, wenn ein Algorithmus falsch entscheidet? Wenn ein autonomes Fahrzeug bei Schneefall versagt oder eine Plattform fehlerhafte Daten verarbeitet? In einer Branche, in der jede Minute zählt, kann ein System-ausfall Millionen kosten. Die Verantwortung dafür lässt sich nicht an Maschinen delegieren. Denn Verantwortung bleibt – im wahrsten Sinne des Wortes – menschlich.

Logistik ist mehr als Rechenleistung

Ich beobachte diese Entwicklung mit grossem Interesse und Respekt. Als jemand, der täglich in der Praxis erlebt, wie komplex Transportprozesse sind, sehe ich die Chancen, aber auch die Risiken. KI kann Disponentinnen und Disponenten entlasten, indem sie Datenmengen analysiert, die für den Menschen unüberschaubar wären. Sie kann unterstützen, Entscheidungen vorbereiten und helfen, Ressourcen effizienter zu nutzen. Aber sie darf niemals die alleinige Entscheidungsträgerin werden.

Denn Logistik ist mehr als Rechenleistung. Sie ist Erfahrung, Instinkt und Kommunikation. Fahrerinnen und Fahrer sind nicht nur Transport-Ausführende, sondern auch Problemlöser, Krisenmanager und Vertrauenspersonen. Wenn Staus, Wetterumschwünge oder technische Defekte auftreten, sind sie es, die reagieren, improvisieren und Verantwortung übernehmen. Kein Algorithmus kann diese Mischung aus Intuition und Erfahrung ersetzen.

Zukunft der Logistik wird hybrid sein

Die Zukunft der Branche wird also nicht rein digital, sondern hybrid sein. Mensch und Maschine werden gemeinsam arbeiten – und genau darin liegt die Stärke der Logistik von morgen. KI wird zum Werkzeug, das den Menschen unterstützt, nicht ersetzt. Unternehmen, die diesen Ansatz verstehen, schaffen nicht nur Effizienz, sondern auch Resilienz.

Gleichzeitig braucht dieser Wandel eine neue Form der Führung. Digitalisierung darf nicht nur als Investition in Technik verstanden werden, sondern auch als Investition in Menschen. Weiterbildung, Schulung und Kommunikation werden zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren. Nur wer beides vereint – technologische Innovation und menschliches Verantwortungsbewusstsein – wird langfristig erfolgreich sein.

Autonome Lkw und künstliche Intelligenz sind Werkzeuge mit gewaltigem Potenzial. Doch sie entfalten ihre Wirkung nur, wenn sie in ein System eingebettet sind, das auf Vertrauen und Kontrolle basiert. Die Frage ist also nicht, ob der Mensch in der Logistik der Zukunft noch gebraucht wird. Die eigentliche Frage lautet: Wie schaffen wir es, dass er im Zentrum bleibt – als Lenker, Entscheider und Garant für Stabilität in einer zunehmend automatisierten Welt?

Autor: Maximilian Baldus

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Bild: zVg/Fabian Otto

Über den Autor
Maximilian Baldus ist Geschäftsführer der Helmut Baldus GmbH und Autor des Buches «Digitalisierung, ich schau nicht weg». Als Unternehmer kennt er die Herausforderungen des Mittelstands aus eigener Erfahrung und spricht in Fachmedien über Themen wie nachhaltige Logistik, Digitalisierung und moderne Führung. Mit klaren Worten zeigt er Chancen und Risiken auf, vor denen Unternehmen heute stehen.